Aktivitäten der LPK RLP zur psychotherapeutischen Versorgung der Opfer
Die Flutkatastrophe in Rheinland-Pfalz und die vielen traumatischen Erfahrungen, die Betroffene machen mussten, ziehen große Herausforderung in Bezug auf die psychotherapeutische Versorgung der Opfer nach sich. Diesen Herausforderungen hat sich die Landespsychotherapeutenkammer Rheinland-Pfalz tatkräftig und verantwortungsbewusst gestellt und innerhalb kürzester Zeit verschiedene Maßnahmen getroffen, um die Betroffenen zu unterstützen:
Sofortige Abstimmung mit dem Ministerium für Arbeit, Soziales, Transformation und Digitalisierung sowie dem Opferbeauftragten des Landes Rheinland-Pfalz
Am Tag nach der Katastrophe hat sich die Landespsychotherapeutenkammer Rheinland-Pfalz mit dem Staatsminister für Arbeit, Soziales, Transformation und Digitalisierung des Landes Rheinland-Pfalz, Herrn Alexander Schweitzer, und dem Opferbeauftragen des Landes Rheinland-Pfalz, Herrn Detlef Placzek, in Verbindung gesetzt, um schnelle psychotherapeutische Hilfe für die Betroffenen zu organisieren. Wie schon nach der Amokfahrt in Trier Anfang Dezember 2020 wurden von der Landesregierung von Anfang an die Auswirkungen auf die psychische Gesundheit der Betroffenen in die Planung der Hilfen einbezogen. Deshalb wurde auch die Kammer unmittelbar in die Versorgung der Opfer integriert. Bereits nach kurzer Zeit wurde deutlich, dass bei der gesundheitlichen Versorgung der Betroffenen der Flutkatastrophe die psychischen Auswirkungen im Vordergrund stehen.
Kontaktaufnahme mit den zugelassenen Kammermitgliedern und Erstellung von Listen für die koordinierenden Stellen des Landes Rheinland-Pfalz
Nach der raschen Abstimmung mit Minister Alexander Schweitzer und dem Opferbeauftragten Detlef Placzek wurden die zugelassenen Kammermitglieder am folgenden Tag per E-mail angeschrieben und dazu aufgerufen, kurzfristig zusätzliche Terminoptionen für die Flutopfer zur Verfügung zu stellen. Es wurde vereinbart, dass die Kammer zwei Listen zusammenstellt, auf der sich Psychologische Psychotherapeut*innen und Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut*innen zur psychotherapeutischen Betreuung der Betroffenen eintragen lassen können: Auf die erste Liste konnten sich Kammermitglieder setzen lassen, die in einem der besonders betroffenen Landkreise tätig sind und sofort ein Krisen-Therapieangebot in Präsenz für die Betroffenen schaffen können. Auf der zweiten Liste konnten sich Mitglieder aus allen Landesteilen eintragen lassen, die sofort ein Krisen-Therapieangebot per Video für Betroffene schaffen können. Trotz Ferienzeit und sehr kurzer Rückmeldefrist von weniger als 24 Stunden umfassten die Listen zunächst knapp 120 Einträge, die bereits am Dienstag nach der Flutkatastrophe an die koordinierenden Stellen des Landes Rheinland-Pfalz weitergegeben werden konnten. Inzwischen stehen auf beiden Listen insgesamt 200 Kammermitglieder, die bereit sind, sofort zu helfen. Die Listen werden fortlaufend aktualisiert und ergänzt. Die Vermittlung von Betroffenen und Psychotherapeut*innen läuft über eine extra vom Opferbeauftragten des Landes Rheinland-Pfalz dafür geschaltete Hotline sowie über eine Online-Plattform. Auf diesem Weg konnten viele Betroffene sofort versorgt werden. Da die digitale Infrastruktur in den betroffenen Regionen komplett zusammengebrochen war, konnte kurzfristig vor allem in Präsenz versorgt werden, in Einzelfällen jedoch auch per Videotherapie.
Psychotherapeutische Erste Hilfe vor Ort
Daniela Lempertz, Mitglied der LPK RLP, hat zusammen mit Kolleg*innen aus NRW das Psychotherapeut*innen-Netzwerk „Soforthilfe Psyche“ mit 60 bis 70 Psychotherapeut*innen aus den betroffenen Regionen gegründet. Diese leisteten vor Ort (zunächst in Kooperation mit der Psychosozialen Notfallversorgung (PSNV)) psychotherapeutische Erste Hilfe. In den ersten Tagen wurde diese Hilfe ehrenamtlich geleistet. Durch schnelle Abstimmungen zwischen LPK RLP und Kassenärztlicher Vereinigung Rheinland-Pfalz (KV RLP) konnten bereits nach kurzer Zeit unbürokratische Abrechnungsmöglichkeiten geschaffen wurden, zum Beispiel durch den Einsatz mobiler Kartenlesegeräte und auch dadurch, dass die KV RLP es ermöglicht hat, dass die psychotherapeutischen Gespräche nicht nur in den Räumlichkeiten einer PT-Praxis durchgeführt werden konnten. Einen Bericht zur psychotherapeutischen ersten Hilfe im Ahrtal finden Sie hier.
Projektantrag „Angebot von Psychoedukationsgruppen und Fortbildungsgruppen im Ahrtal“
Zusätzlich hat die Kammer einen Antrag zur Projektförderung „Angebot von Psychoedukationsgruppen und Fortbildungsgruppen im Ahrtal“ gemeinsam mit dem Ministerium für Wissenschaft und Gesundheit des Landes Rheinland-Pfalz und dem Netzwerk „Soforthilfe Psyche“ abgestimmt und gestellt. Zielgruppen sind sowohl die Betroffenen aller Altersgruppen als auch Fachkräfte in Verwaltungen, Rettungskräfte, Unternehmen, Schulen, Kindergärten und Jugendhilfe. Die Organisation, Umsetzung und Durchführung erfolgt durch das Psychotherapeut*innen-Netzwerk „Soforthilfe Psyche“.
Eine Info-Flyer zu den Gruppen finden Sie hier.
In Abstimmung mit dem Ministerium befinden sich außerdem Informationszettel zum Thema psychische Folgen der Flutkatastrophe bei Erwachsenen sowie Kindern und Jugendlichen, insb. zu PTBS, Depressionen und Angststörungen. Flyer mit den psychosozialen, psychotherapeutischen und psychiatrischen Anlaufstellen wurden bereits erstellt und verteilt.
Zusammenstellen von wichtigen Informationen wie Hotlines und Links auf der Kammer-Homepage
Bereits zwei Tage nach der Flutkatastrophe hat die LPK RLP auf ihrer Homepage alle wichtigen Informationen wie Hotlines und Links zusammengestellt, außerdem Infos zu psychischen Belastungen und psychosozialen Hilfen in mehreren Sprachen und für alle Altersgruppen. Die Informationen werden laufend aktualisiert und auch über die Kammer-Accounts bei Twitter und Facebook verbreitet. Die Zusammenstellung der Informationen finden Sie hier.
Über die Kooperation mit dem Hausärzteverband Rheinland-Pfalz wurden darüber hinaus den Hausärzt*innen vor Ort im Ahrtal und Umgebung kurzfristig Informationen zu möglichen Traumafolgen einschließlich Screening-Verfahren sowie Hinweise auf die Website der Kammer zur Verfügung gestellt.
Fortlaufende koordinierende Abstimmungsgespräche zwischen LPK RLP, Gesundheitsministerium, Sozialministerium, Opferbeauftragtem der Landesregierung und KV RLP
Nachdem sich die Psychosoziale Notfallversorgung aus der Betreuung der Flutopfer vor Ort nach und nach zurückgezogen hat, stimmten sich die übrigen Akteure über den Aufbau und die Sicherstellung eines strukturierten psychotherapeutischen Versorgungsangebotes ab. Dazu fanden permanente Abstimmungsgespräche zwischen den oben genannten Akteur*innen statt, wobei wichtige Ergebnisse erzielt wurden:
- Die KV RLP übernimmt Vermittlung auf der Online-Plattform des Opferbeauftragten das „Matching“, also die Vermittlung zwischen den Betroffenen und den Psychotherapeut*innen, die auf den beiden Kammerlisten stehen.
- Anträge auf die Erteilung von „Ermächtigungen für die psychotherapeutische Versorgung von Menschen in den von der Flutkatastrophe betroffenen Gebieten“ können gestellt werden.
- Psychotherapeut*innen, die in anderen Regionen niedergelassen sind und ein oder zwei Tage in das Katastrophengebiet zu Krisen-Einsätze fahren, können Anträge auf Erteilung einer Zweigpraxis stellen.
Flankierende Öffentlichkeitsarbeit
Die Kammerarbeit im Rahmen der Flutkatastrophe wurde kontinuierlich durch Öffentlichkeitsarbeit auf den sozialen Netzwerken, im Rahmen von Zeitungsinterviews und bei Fernseh- und Hörfunkauftritten der Vorstandsmitglieder flankiert. Die verschiedenen Beiträge verdeutlichen die Auswirkungen einer solchen Katastrophe auf die Psyche der Menschen. Alle Medienbeiträge werden auf der LPK-Homepage unter Aktuelles / Presseartikel und Medienbeiträge gesammelt. Sie finden diese Zusammenstellung hier.
Die Landespsychotherapeutenkammer steht auch weiterhin Presse und Politik als Ansprechpartnerin für alle Fragen zur psychischen Gesundheit und zur psychotherapeutischen Versorgung der Menschen in Rheinland-Pfalz zur Verfügung.