Was passiert, wenn in der Kammer eine Patientenbeschwerde eingeht?
Zu den Aufgaben der Landespsychotherapeutenkammer Rheinland-Pfalz gehört es, die Berufsaufsicht über ihre Mitglieder auszuüben und dadurch das Ansehen des Berufsstandes zu schützen. Wenn sich Patient*innen über ihre Psychotherapeut*innen beschweren möchten, ist die Landespsychotherapeutenkammer also die richtige Ansprechpartnerin. Doch was passiert konkret, wenn eine Patientenbeschwerde bei der Kammer eingeht? Aus welchen Gründen und wie oft kommt das überhaupt vor? Im Folgenden sollen die wichtigsten Fragen rund um das Beschwerdeverfahren beantwortet werden.
Wer kann sich über wen beschweren?
Die Landespsychotherapeutenkammer Rheinland-Pfalz ist nur zuständig für Beschwerden, die sich gegen ihre Mitglieder richten: Also Psychotherapeut*innen, Psychologische Psychotherapeut*innen und Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut*innen, die in Rheinland-Pfalz tätig sind. Für ärztliche Psychotherapeut*innen und Psychiater*innen ist die jeweilige Bezirksärztekammer zuständig. In erster Linie steht die Möglichkeit der Beschwerde Patient*innen offen. Es ist aber auch möglich, dass Dritte eine Beschwerde bei der Kammer einreichen. Das können beispielsweise Verwandte, Freund*innen sowie andere Psychotherapeut*innen oder weitere Nachbehandelnde sein.
Was können Gründe für eine Beschwerde sein?
Im Rahmen eines Beschwerdeverfahrens wird geprüft, ob ein Verstoß gegen die Berufsordnung vorliegt und ob dieser geahndet werden muss. Ein Verstoß kann zum Beispiel vorliegen, wenn Psychotherapeut*innen gegen die Schweigepflicht verstoßen oder in der Psychotherapie das so genannte "Abstinenzgebot" missachtet wird (wenn beispielsweise private Kontakte zwischen Psychotherapeut*in und Patient*in unterhalten werden oder andere Grenzverletzungen vorkommen). Zu Beschwerden kann es auch kommen, wenn sich die/der Psychotherapeut*in nicht respektvoll gegenüber den Patient*innen oder den Angehörigen verhält oder allgemeine Zweifel an der Art und Weise der Ausübung der Psychotherapie und der korrekten Kostenabrechnung bestehen.
Auf welchem Weg kann man sich beschweren?
Im Rahmen der Patient*innen-Beratung kann man sich telefonisch mit dem juristischen Referat der Landespsychotherapeutenkammer Rheinland-Pfalz in Verbindung setzen, auf Wunsch ist das auch anonym möglich. Die Kammerjuristinnen Saskia Kollarich und Tamina Bührer beraten gerne und umfassend. Im Rahmen eines Telefonats können die Juristinnen Auskunft darüber geben, wie die Situation im psychotherapeutischen und juristischen Kontext einzuordnen ist. Dabei zeigen sie Konfliktlösungsmöglichkeiten auf, damit die Therapie zielführend fortgesetzt werden kann oder wenn dies nicht in Frage kommt, erläutern sie die Möglichkeit der schriftlichen Beschwerde.
Die juristische Beratung für Patient*innen ist mittwochs von 10.00 bis 12.00h
unter 06131-9305515 zu erreichen.
Per E-Mail sind die Juristinnen über juristischesreferat(at)lpk-rlp.de erreichbar.
Das Angebot der telefonischen juristischen Patient*innen-Beratung wird rege in Anspruch genommen: Es werden etwa 50 Beratungen im Jahr durchgeführt. Dabei reicht das Spektrum der Anfragen von verweigerten oder unvollständigen Akteneinsichten sowie Schweigepflichtverstößen, Problemen mit Honoraren, fehlenden Informationen hinsichtlich der Therapie-Abläufe bis hin zu grenzüberschreitendem Verhalten der Behandler*innen und Abstinenzverletzungen.
Wenn man sich nach der Beratung (oder auch ohne vorherige Beratung) dazu entschließt, eine Beschwerde einzureichen, muss diese mit eigenhändiger Unterschrift an die Kammer geschickt werden. Empfohlen wird der Postweg oder verschlüsselter E-Mail-Versand, da gegen unverschlüsselten E-Mail-Verkehr datenschutzrechtliche Bedenken bestehen (eigene Gesundheitsdaten könnten durch die Übertragung per E-Mail preisgeben werden). Wichtig ist außerdem, den Namen des/ der behandelnden Psychotherapeut*in zu nennen. Die Einreichung einer Beschwerde ist grundsätzlich auch anonym möglich, allerdings hat die Kammer in diesen Fällen häufig Probleme, der Beschwerde vollumfänglich nachzugehen. Für die Einreichung der Beschwerde stellt die Landespsychotherapeutenkammer Rheinland-Pfalz zur Unterstützung ein Formular zur Verfügung.
Saskia Kollarich und Tamina Bührer:
„Die Erfahrung aus unserer Beratungspraxis zeigt: Viele Probleme lassen sich durch besonnene Kommunikation zwischen den Konfliktparteien aus der Welt schaffen, bevor es zur schriftlichen Beschwerde kommt. Zögern Sie also nicht, uns anzurufen und lassen Sie sich beraten!“
Wie geht es nach Eingang der Beschwerde weiter?
Pro Jahr erreichen die Landespsychotherapeutenkammer Rheinland-Pfalz etwa 20 schriftliche Beschwerden. Wenn ein solches Schreiben in der Kammer eingetroffen ist, erhält die/der Beschwerdeführer*innen eine Eingangsbestätigung. Im Folgenden klärt die Kammer den Sachverhalt objektiv bestmöglich auf. Dazu gehört, dass die/der betroffene Psychotherapeut*in grundsätzlich von der Kammer über den Inhalt der vorgetragenen Beschwerde informiert wird und Gelegenheit zur Stellungnahme erhält. Manchmal wird an dieser Stelle bereits deutlich, dass es sich eher um ein zwischenmenschliches Problem handelt und die dem Konflikt zugrundeliegenden Missverständnisse und Unstimmigkeiten bereits über die Stellungnahme der/ des Psychotherapeut*in geklärt werden können. Bleibt aber der Verdacht auf eine Berufspflichtverletzung bestehen, entscheidet der Vorstand je nach Schweregrad und den Umständen des Einzelfalls über den weiteren Verlauf des berufsrechtlichen Verfahrens. In diesem Zusammenhang ist eventuell die Einsichtnahme in die Dokumentation der Patientenunterlagen notwendig.
Welche Maßnahmen ergreift der Vorstand?
Kommt der Vorstand der Landespsychotherapeutenkammer zu der Überzeugung, dass ein Mitglied die Berufspflichten verletzt hat, kann er je nach Bedeutung und Schwere der Pflichtverletzung des Kammermitgliedes entscheiden, ob er ein kammerinternes Rügeverfahren oder ein berufsgerichtliches Verfahren vor dem Heilberufsgericht einleitet.
Das entscheidet der Vorstand:
1. …ob ein kammerinternes oder berufsgerichtliches Verfahren vor dem Heilberufsgericht eingeleitet wird.
2. …ob das Rügeverfahren eingestellt wird oder ein Hinweis oder eine Rüge erteilt wird.
3. …ob ein Rüge mit oder ohne Ordnungsgeld erteilt wird.
4. ...wie hoch das Ordnungsgeld ausfallen soll.
Im Rahmen des Rügeverfahrens kann der Vorstand eine Einstellung des Verfahrens, die Erteilung eines Hinweises oder die Erteilung einer Rüge beschließen. Die Rüge kann mit einem Ordnungsgeld von bis zu 50.000 EUR einhergehen. Bei der Festsetzung der Höhe des Ordnungsgeldes werden die persönlichen und wirtschaftlichen Umstände des Kammermitgliedes, die Häufigkeit von berufsrechtlichen Verfahren, die Schwere des Verstoßes sowie der Umgang des Kammermitgliedes mit der Rüge berücksichtigt.
Pro Jahr führt die Landespsychotherapeutenkammer Rheinland-Pfalz etwa 50 Patientenberatungen durch. Jährlich werden rund 20 schriftliche Beschwerden eingereicht.
Knapp 50% der Beschwerden ziehen berufsrechtliche Konsequenzen nach sich.
Bei schwerwiegenden berufsrechtlichen Verfahren vor dem Heilberufsgericht erfolgt eine Mitteilung an das Landesamt für Soziales, Jugend und Versorgung, welches für die Approbation zuständig ist. Dieses kann im Extremfall auch auf Basis von berufsrechtlichen Verstößen zu einem Entzug der Approbation führen. Die Hürden für den Entzug sind jedoch sehr hoch.
Welche Rolle kommt der/dem Beschwerdeführer*in nach Einreichen der Beschwerde zu?
Durch das Einreichen einer Beschwerde kommt ein berufsrechtliches Verfahren in Gang, das gemäß den Vorschriften des Heilberufsgesetzes entweder kammerintern oder (bei einem gravierenden Verstoß gegen die Berufsordnung) vor dem Heilberufsgericht abläuft. Beteiligte Parteien sind in allen Verfahren die Kammer und die/der jeweilige Psychotherapeut*in. Die/der Beschwerdeführer*in wird in dieses Verfahren nur noch einbezogen, falls es zur Zeug*innenvernehmung kommt.
Da die/der Beschwerdeführer*in gemäß den Vorschriften keine Partei des Verfahrens ist, können nur wenige Informationen aus dem Verfahren an diese*n weitergegeben werden.
Die Beschwerdeführer*innen werden mit Abschluss des Verfahrens darüber informiert, ob das Verfahren mit oder ohne berufsrechtliche Maßnahmen beendet wurde. Details über die konkrete Beurteilung des Verstoßes können nicht mitgeteilt werden.
Für die/den Beschwerdeführer*in entstehen keinerlei finanzielle Kosten in einem solchen Verfahren.
Dass es in Rheinland-Pfalz insgesamt nur zu wenigen berufsrechtlichen Verfahren kommt, ist auch dem Bemühen der Landespsychotherapeutenkammer zu verdanken, ihre Mitglieder kontinuierlich in allen Fragen des Berufsrechtes zu schulen und zu beraten. So sollen rechtliche Unsicherheiten, die zu fehlerhaftem Verhalten führen können, von vornherein vermieden werden. Zu diesem Zweck werden jedes Jahr mehrere Fortbildungen zu berufsrechtlichen Themen von der Kammer angeboten, außerdem wurden bereits über 20 Praxistipps zu verschiedenen Rechtsthemen veröffentlicht und die Kammerjuristinnen stehen in ihren Sprechzeiten Mitgliedern und Patienten*innen gerne beratend zur Seite.
Kammerpräsidentin Sabine Maur:
„Unsere Kammermitglieder haben immer die Möglichkeit, sich über unsere Veranstaltungen und Veröffentlichungen in berufsrechtlichen Fragen fortzubilden. Außerdem können sie sich telefonisch beraten lassen. Nutzen Sie bitte diese Angebote, um berufsrechtliche Verfahren zu vermeiden!“
Die aktuellen Sprechzeiten und Kontaktdaten der Kammerjuristinnen finden Sie hier.