Vorsitzende des Heilberufsgerichts informiert ehrenamtliche Richter*innen
14 Mitglieder der Landespsychotherapeutenkammer Rheinland-Pfalz sind vom rheinland-pfälzischen Justizminister Herbert Mertin zu ehrenamtlichen Richter*innen des Heilberufsgerichts Rheinland-Pfalz sowie des Landesheilberufsgerichts Rheinland-Pfalz berufen worden. Die Kammer hat am 14. September 2023 die neu berufenen ehrenamtlichen Richter*innen in einer digitalen Veranstaltung auf ihre verantwortungsvolle Aufgabe vorbereitet.
Frau Dr. Bettina Freimund-Holler, Vorsitzende Richterin des Heilberufsgerichts und Präsidentin des Verwaltungsgerichts, besuchte zu diesem Zweck die Geschäftsstelle der Kammer und referierte von dort aus für die Teilnehmer*innen. Nach der Begrüßung durch LPK-Geschäftsführerin Petra Regelin gab Kammerjuristin Saskia Kollarich einen Überblick über die Art der bei der Kammer eingehenden berufsrechtlichen Beschwerden, stellte den Ablauf der kammerinternen Verfahren dar und schilderte den rechtlichen Rahmen, den die Berufsordnung definiert.
Pro Jahr kommt es in der LPK RLP zu rund 20 kammerinternen Berufsrechtsverfahren – im Vergleich mit anderen Heilberufskammern bewegt sich die LPK RLP damit im Durchschnitt, berichtete Frau Kollarich. Wenn bei der LPK RLP eine schriftliche Beschwerde gegen ein Mitglied eingeht, wird anhand der vorliegenden Informationen fachlich inhaltlich und rechtlich überprüft, ob möglicherweise ein berufsrechtlicher Verstoß vorliegt und die Schwere dieses Verstoßes festgestellt. In einem ggf. folgenden berufsrechtlichen Verfahrenerhält das Kammermitglied im ersten Schritt die Gelegenheit, sich schriftlich umfassend zu dem Sachverhalt zu äußern. Nach Eingang dieser Stellungnahme wird der Sachverhalt unter Berücksichtigung beider Darstellungen erneut bewertet und geprüft, ob ein berufsrechtlicher Verstoß gegeben ist. Der Vorstand der LPK RLP hat die Möglichkeit, eventuell notwendige weitere Ermittlungen einzuleiten. Liegt ein Verstoß gegen die Berufsordnung vor, kann der Kammervorstand einen kollegialen Hinweis oder eine schriftliche Rüge ohne oder mit Ordnungsgeld von bis zu 50.000 Euro erteilen. Bei schweren Verstößen leitet der Vorstand direkt ein Verfahren vor dem Heilberufsgericht ein.
Aufgrund der Besonderheiten des psychotherapeutischen Patientenverhältnisses ist stets eine juristische und fachliche Bewertung eventueller Verstöße erforderlich. Daher werden vom Heilberufsgericht berufene Kammermitglieder als ehrenamtliche Richter*innen zu den berufsgerichtlichen Verfahren hinzugezogen. Die Verhandlungen vor dem Heilberufsgericht finden im Wesentlichen unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt, insbesondere um dem Ansehen des Berufsstandes nicht zu schaden. In den Verhandlungen wird die Rechts- und Sachlage mit den Beteiligten, Kammermitglied und Vertreter*innen der Kammer, erörtert. Es können auch Beweise erhoben und z.B. Zeug*innen gehört werden.
Frau Dr. Freimund Holler dankte daher den Teilnehmer*innen der Veranstaltung, dass sie sich zur Übernahme der ehrenamtlichen Tätigkeit bereit erklärt haben und betonte die große Bedeutung der fachlichen Expertise in der Rechtsprechung: „Wir als Juristen sind auf Ihre Kompetenz angewiesen und daher rührt Ihre besondere Verantwortung.“ Diese ergibt sich auch daraus, dass über die vor Gericht verhandelten Fälle per Mehrheitsentscheid abgestimmt wird, so dass es den ehrenamtlichen Richter*innen auch möglich wäre, die Berufsrichterin zu überstimmen. Dies war allerdings bisher nicht der Fall, da im Rahmen der Beratungen immer Konsensentscheidungen gefunden wurden.
Die gute Zusammenarbeit und wertschätzende Kommunikation zwischen ehrenamtlichen Richter*innen und Berufsrichter*innen lobten auch diejenigen Teilnehmer*innen, die bereits an Gerichtsentscheidungen mitgewirkt haben. Sie hatten in der Veranstaltung die Möglichkeit, von ihren Erfahrungen zu berichten und Fragen der neuen Kolleg*innen zu beantworten. Sie schilderten allesamt die Tätigkeit vor Gericht als wertvolle, jedoch auch aufregende Erfahrung.
Damit es gar nicht erst zu Verstößen gegen die Berufsordnung kommt, legt die LPK RLP viel Wert auf juristische Aufklärungs- und Präventionsarbeit. Frau Dr. Freimund-Holler machte deutlich, wie sehr sie das Engagement der Landespsychotherapeutenkammer Rheinland-Pfalz in der Prävention berufsrechtlicher Verfehlungen durch Information und Beratung ihrer Mitglieder schätzt: „Ich kenne keine andere Heilberufskammer in Rheinland-Pfalz, die so viel tut, um ihre Kammermitglieder im Hinblick auf berufsrechtliche Vorgaben zu informieren und gezielt rechtlich zu beraten.“ Die LPK RLP bietet für ihre Mitglieder neben regelmäßigen Veranstaltungen zu spezifischen berufsrechtlichen Fragestellungen eine telefonische juristische Beratung an. Darüber hinaus veröffentlicht die Kammer unter der Rubrik „Alles was Recht ist“ seit 2019 regelmäßig Praxistipps der LPK-Juristinnen (beispielsweise zu Berichtspflicht, Behandlungsdokumentation und Kindeswohlgefährung), die seit Kurzem alle in aktualisierter Form vorliegen.
Kammerpräsidentin Sabine Maur, die die Schulung moderierte, betonte abschließend, dass es ein hohes Gut sei, dass die Heilberufe das Recht haben, über ihre spezifischen Belange vor Gericht selbst mitzuentscheiden. Den ehrenamtlichen Richtern kommt dabei eine wichtige Funktion in der Wahrung des Ansehens des Berufsstandes zu.
Hintergrund:
Die Vertreterversammlung der Landespsychotherapeutenkammer beschließt, wer als ehrenamtliche(r) Richter*in für das Heilberufsgericht und das Landesheilberufsgericht vorgeschlagen werden soll. Das Justizministerium kann daraufhin die vorgeschlagenen Personen für eine Amtszeit von fünf Jahren berufen. Die ehrenamtlichen Richter*innen müssen in Rheinland-Pfalz leben und approbiert sein. Sie werden bei Bedarf vor Gericht geladen, um dort die Berufsrichter*innen mit ihrer inhaltlich-fachlichen Expertise bei der Urteilsfindung in Berufsrechtsfällen zu unterstützen.