vdek-Auswertung zu Wartezeiten in der Psychotherapie
Eine heute vom Verband der Ersatzkassen (vdek) veröffentlichte Analyse zu Wartezeiten in der ambulanten Psychotherapie versucht, das bestehende Versorgungsproblem kleinzurechnen. „Statt den gesamten Prozess der Wartezeit bis zum Beginn einer ambulanten Psychotherapie in den Blick zu nehmen, hat der vdek lediglich zwei kleinere Teilabschnitte betrachtet“, kritisiert Dr. Andrea Benecke, Präsidentin der Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK) und Vizepräsidentin der Landespsychotherapeutenkammer Rheinland-Pfalz. „Mit dieser Salamitaktik verschleiert der vdek das reale Versorgungsproblem langer Wartezeiten in der ambulanten Psychotherapie.“ Eine Wartezeit bis zu 12 Tagen zwischen letzter psychotherapeutischer Sprechstunde und erster probatorischer Sitzung herauszustellen, ist irreführend. Zugleich Wartezeiten von mehr als 12 Monaten zu unterschlagen und auf die am besten versorgten 50 Prozent der Patient*innen abzustellen, statt den Durchschnitt zu verwenden, verstellt den Blick auf den tatsächlichen Handlungsbedarf in vielen Regionen. Auch Wartezeiten, die sich dadurch verlängern, dass Patient*innen mehrere Psychotherapeut*innen aufsuchen müssen, bis sie einen Therapieplatz erhalten, werden in der vdek-Analyse herausgerechnet.
Im Durchschnitt warten Patient*innen nach dem Erstgespräch circa 20 Wochen auf den Beginn der Behandlung. Das zeigen übereinstimmend Analysen der BPtK auf der Basis von Abrechnungsdaten der Kassenärztlichen Bundesvereinigung und eine aktuelle Analyse der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns. In dieser Zeit wird die Diagnostik und Indikationsstellung im Rahmen weiterer Sprechstundentermine abgeschlossen und in probatorischen Sitzungen geprüft, ob Patient*in und Psychotherapeut*in vertrauensvoll zusammenarbeiten können und das gewählte Behandlungsverfahren für die Patient*in passt. „Dieser Prozess könnte deutlich verkürzt werden und sollte idealerweise nach sechs bis acht Wochen abgeschlossen sein“, betont Dr. Benecke.
Psychotherapeut*innen müssen derzeit zum Teil Sprechstunden und probatorische Sitzungen über einen längeren Zeitraum strecken, bis sie einen regulären Therapieplatz anbieten können. Insbesondere in ländlichen und strukturschwachen Regionen gibt es schlicht viel zu wenige Psychotherapeutensitze. Die von der Ampel-Koalition angekündigte Reform der Bedarfsplanung ist überfällig. „Für die psychotherapeutische Versorgung von Kindern und Jugendlichen und für Menschen in den ländlichen und strukturschwachen Regionen braucht es dringend zusätzliche Behandlungskapazitäten, mindestens im Umfang von 1.600 Sitzen“, fordert BPtK-Präsidentin Dr. Benecke. „Mehr Vermittlung über die Terminservicestellen, wie es der vdek vorschlägt, kann das Problem der fehlenden Therapieplätze nicht lösen. Was nicht vorhanden ist, kann auch nicht vermittelt werden“, betont Benecke.