Schwer psychisch kranke Menschen besser versorgen
Schwer psychisch Kranke, die in ihrem Alltag stark eingeschränkt sind, müssen zu oft ins Krankenhaus. „Patienten mit einer Schizophrenie oder einer chronischen Depression müssen in akuten Krankheitsphasen oder Krisen zu häufig nur deshalb stationär behandelt werden, weil ausreichend intensive ambulante Versorgungsangebote fehlen“, kritisiert Dr. Dietrich Munz, Präsident der Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK). „Die Pläne der Bundesregierung, ein neues aufsuchendes Versorgungsangebot für schwer psychisch Kranke einzuführen, sind jedoch noch unausgereift und setzen einseitig auf die Leistungen von Krankenhäusern.“ Die BPtK fordert deshalb erhebliche Nachbesserungen am Gesetz zur Weiterentwicklung der Versorgung und Vergütung für psychiatrische und psychosomatische Leistungen (PsychVVG), zu dem heute im Bundesgesundheitsministerium (BMG) die Anhörung zum Referentenentwurf stattfindet.
Das BMG will mit dem PsychVVG eine neue „stationsäquivalente Behandlung“ (§ 115d SGB V) einführen. Ist ein Patient „stationär behandlungsbedürftig“, soll das Krankenhaus seine Leistungen, die es auf Station erbringt, zukünftig auch ambulant im häuslichen Umfeld des Patienten einsetzen. „Die Einführung einer stationsäquivalenten Behandlung ist nicht geeignet, die Lücke zwischen ambulanter und stationärer Versorgung für schwer psychisch Kranke zu schließen“, stellt BPtK-Präsident Munz fest.
Die BPtK kritisiert dabei folgende Punkte:
- Der Ansatz, die Versorgung schwer psychisch Kranker davon abhängig zu machen, ob sie stationär behandlungsbedürftig sind, ist viel zu ungenau und grundlegend falsch. Viele psychisch Kranke sind nur deshalb im Krankenhaus, weil ausreichend intensive ambulante Angebote fehlen.
- Statt einer „Krankenhausbehandlung“ in ihrer Wohnung benötigen diese Patienten in akuten Krankheitsphasen eine aufeinander abgestimmte ambulante Behandlung durch ein multiprofessionelles Team.
- Die Behandlung zu Hause macht dabei nur einen Teil des benötigten Leistungsspektrums aus. Entscheidend ist vielmehr, dass der psychisch Kranke auf ein breites Spektrum an Hilfen zurückgreifen kann und dass die verschiedenen Behandlungselemente koordiniert und „aus einer Hand“ erfolgen.
Die BPtK fordert deshalb, statt einer „stationsäquivalenten Behandlung“ eine „ambulante Komplexleistung für schwer psychisch Kranke“ einzuführen, die nicht von Krankenhäusern, sondern von psychiatrischen Institutsambulanzen und ambulanten Netzen erbracht werden. Zu diesen Teams sollten Ärzte, Psychotherapeuten, psychiatrische Krankenpflege und Soziotherapeuten gehören. Die ambulante Komplexleistung sollte in akuten Krankheitsphasen eine drohende stationäre Behandlung abwenden. Sie sollte insbesondere sichern, dass der psychisch Kranke in seiner Wohnung bleiben, seinen Alltag bewältigen und ambulante psychiatrische und psychotherapeutische Behandlungen fortsetzen kann.
Die Stellungnahme der BPtK zum Referatsentwurf finden sie hier.