Reform abgewürgt – Selbst kleinste Verbesserungen zu viel
Die psychotherapeutische Versorgung in psychiatrischen Kliniken bleibt noch jahrelang mangelhaft. Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) hat auch minimale Verbesserungen in der Richtlinie zur Personalausstattung in Psychiatrie und Psychosomatik (PPP-Richtlinie) verweigert. „Selbst zehn Minuten mehr Psychotherapie pro Wochentag waren dem G-BA des Guten zu viel“, kritisiert Dr. Dietrich Munz, Präsident der Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK). „Damit hat der G-BA erneut eine dringend notwendige Reform der psychiatrischen Kliniken abgewürgt. Er ignoriert zum wiederholten Mal den ausdrücklichen Auftrag des Gesetzgebers, die psychotherapeutische Behandlung in den psychiatrischen Krankenhäusern zu verbessern.“ Die BPtK fordert deshalb das Bundesgesundheitsministerium auf, den G-BA-Beschluss zu beanstanden.
Der Gesetzgeber hatte bereits 2019 eine Reform angemahnt. Aber erst nach einer Präzisierung des Auftrags 2020 hatte der G-BA überhaupt angefangen zu beraten. Patientenvertretung im G-BA, Bundesärztekammer und BPtK hatten jetzt gemeinsam gefordert, dass Patient*innen künftig in psychiatrischen Krankenhäusern in der Regelbehandlung zehn Minuten mehr Psychotherapie pro Wochentag erhalten. Aktuell können Patent*innen maximal 50 Minuten Psychotherapie pro Woche erhalten. So viel bekommen sie allerdings meist bereits in einer ambulanten Behandlung. Aufgrund der Schwere der psychischen Erkrankungen reicht diese Menge an Psychotherapie in psychiatrischen Kliniken jedoch nicht aus (ausführlich siehe: BPtK-Standpunkt Psychiatrie).
Der G-BA will die Reform noch einmal um mindestens drei Jahre hinausschieben und die Ergebnisse weiterer Studien abwarten. Dabei war der G-BA bereits 2015 selbst zu dem Schluss gekommen, dass die Personalstandards für eine leitliniengerechte Behandlung nur auf der Basis von Expertenmeinungen festgelegt werden können. Nach breitem Expertenkonsens ist eine Verbesserung der Personalstandards längst überfällig. Weitere Studien können nur Daten dazu liefern, wie viel Personal in den Kliniken bereits eingesetzt wird oder wie viel Psychotherapie die Patient*innen erhalten, nicht aber, wie viel Personal notwendig ist, um nach aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen zu behandeln.