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Krankengeld: Depressionen verursachen die höchsten Ausgaben

Psychische Erkrankungen sind für einen großen Teil der Krankengeldtage, -fälle und -ausgaben in Deutschland verantwortlich. Im Jahr 2014 führten unipolare Depressionen zu den höchsten Ausgaben für Krankengeld unter allen Erkrankungen. Sie verursachten bei Frauen mehr als ein Drittel und bei Männern fast ein Viertel der Ausgaben für Krankengeld. Zu diesem Ergebnis kommt der Sachverständigenrat zur Begutachtung der Entwicklung im Gesundheitswesen in seinem Sondergutachten zum Krankengeld, das er diese Woche Gesundheitsminister Gröhe überreichte. Langzeitarbeitsunfähigkeit wegen psychischer Erkrankungen hat in den vergangenen 15 Jahren deutlich zugenommen. So ist die Zahl der Tage, an denen Arbeitnehmer wegen einer psychischen Erkrankung länger als sechs Wochen krankgeschrieben waren, von 2000 bis 2014 um 114 Prozent gestiegen. Ein zentrales Problem in der Versorgung psychisch Kranker sehen die Sachverständigen in der "Wartezeit auf eine bedarfsgerechte, insbesondere psychotherapeutische Behandlung". Die Wartezeit betrage nach einer Umfrage der Bundespsychotherapeutenkammer und der Wochenzeitung "DIE ZEIT" übereinstimmend etwa drei Monate. Eine rechtzeitige Behandlung von Menschen mit psychischen Erkrankungen könne dabei helfen, lange Krankschreibungen und Fehlzeiten am Arbeitsplatz zu verhindern und die Ausgaben für Krankengeld zu verringern. Bei Depressionen, die sich nicht spontan bessern, führe die Wartezeit "zu einem erheblichen Teil (bis hin zur vollen Länge)" zu einer verlängerten Arbeitsunfähigkeit. Dies verlängere - nach der Entgeltfortzahlung - auch die Krankengeldzahlungen. Die lange Durchschnittsdauer der Krankschreibungen bei psychischen Diagnosen "ließe sich durch eine Verkürzung der Wartezeit möglicherweise entsprechend deutlich verkürzen". Die Sachverständigen empfehlen daher, die Bedarfsplanung dem realen Behandlungsbedarf bei psychischen Erkrankungen anzupassen. Dazu sollten für die regionalen Vorgaben der Bedarfsplanung die tatsächlich erbrachten Psychotherapiestunden berücksichtigt werden. Außerdem empfehlen die Gutachter den Ausbau gestufter Versorgungsmodelle und flexibler ambulanter Angebote insbesondere im Krisenfall. Zusätzlich schlagen sie den Ausbau eines ambulanten Fallmanagements und frühere erste Kontakte von psychisch Kranken zu einem Psychotherapeuten oder Arzt vor - etwa durch die Einführung einer regelhaft und flächendeckend angebotenen Akutsprechstunde. Schließlich regen sie an, zukünftig Honoraranreize, die von der Schwere der psychischen Erkrankung abhängen, sowie vermehrt E-Health-Interventionen zu nutzen. Der Sachverständigenrat zur Begutachtung der Entwicklung im Gesundheitswesen hat die Aufgabe, regelmäßig Gutachten zu erstellen, mit dem Ziel, die Entwicklung in der gesundheitlichen Versorgung zu analysieren, Prioritäten für den Abbau von Versorgungsdefiziten und bestehenden Überversorgungen zu entwickeln und Wege zur Weiterentwicklung des Gesundheitswesens aufzuzeigen. In dem diesjährigen Sondergutachten zum Krankengeld werden Ursachen der Entwicklung von Krankengeld erörtert und Empfehlungen zur Vermeidung eines unnötigen Anstiegs der Krankengeldausgaben ausgesprochen. Das Krankengeld ist eine Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung, durch die ein Versicherter bei längerer Krankheit und Arbeitsunfähigkeit (ab sechs Wochen) finanziell abgesichert werden soll. Die Dauer der Krankengeldzahlungen ist begrenzt. Der Versicherte erhält Lohnersatz für insgesamt maximal 78 Wochen für dieselbe Krankheit innerhalb eines Zeitraums von drei Jahren. Das Sondergutachten 2015: "Krankengeld - Entwicklung, Ursachen und Steuerungsmöglichkeiten" finden Sie hier.
10.12.2015
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