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Internetprogramme zur geprüften Leistung für alle Versicherten machen

BPtK-News: Das Internet spielt mittlerweile in fast allen Lebensbereichen eine wichtige Rolle. Ganz selbstverständlich wird es genutzt, um sich zu informieren und zu kommunizieren. Rund 30 Prozent der Deutschen haben auf ihren Smartphones Gesundheits-Apps installiert. Auch für psychische Erkrankungen gibt es bereits zahlreiche Präventions- und Behandlungsangebote.

Nicht jedem Nutzer ist jedoch klar, worauf er sich einlässt, wenn er Internetprogramme für psychische Beschwerden nutzt. Wird er nur beraten oder schon behandelt? Ist das Programm auf seine Wirksamkeit untersucht? Hat es Nebenwirkungen? Bekommt er während der Nutzung eine Unterstützung? Und wenn ja, von wem? Von einem approbierten Psychotherapeuten oder gibt ein Computer standardisierte Antworten?

Die Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK) veranstaltete deshalb am 27. Juni 2017 in Berlin ein Symposium, um fachliche und politische Aspekte des Internets in der psychotherapeutischen Versorgung zu diskutieren. "Eine Integration des Internets in die Psychotherapie bietet Chancen", stellte BPtK-Präsident Dr. Dietrich Munz eingangs fest: Programme könnten flexibel im Alltag genutzt werden. Gehbehinderten Patienten könnten z. B. durch Behandlungen per Video besonders beschwerliche Anfahrtswege zum Psychotherapeuten erspart werden. Es stelle sich daher die Frage, wann Internetprogramme die klassische Psychotherapie ergänzen können. Dafür müssen wirksame Internetprogramme aber zunächst zur Regelleistung für alle Versicherten der gesetzlichen Krankenversicherung gemacht werden. In unserem Gesundheitssystem müsse überlegt werden, wie Patienten die bestmögliche Behandlung ihrer psychischen Beschwerden erhalten. [...] Podiumsdiskussion mit Bundestagsabgeordneten

In der Podiumsdiskussion betonte Bundestagsabgeordnete Maria Klein-Schmeink, gesundheitspolitische Sprecherin der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, dass die Chancen der Digitalisierung aus ihrer Sicht die Risiken überwiegen. Der persönliche Kontakt sei aber auch in Zukunft unverzichtbar. Digitale Angebote müssten einen maximalen Datenschutz gewährleisten und in einen fachlichen Kontakt eingebettet werden. Bundestagsabgeordnete Kathrin Vogler, gesundheitspolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE, erklärte, dass ein Bewertungsverfahren auf wissenschaftlicher Grundlage zentral für die Zulassung digitaler Produkte sei. Nur so könne der Wildwuchs bei den Krankenkassen verhindert werden und wirksame digitale Angebote in der Breite der Versorgung zur Verfügung stehen. Die Aufklärung von Patienten müsse weiterhin im persönlichen Kontakt erfolgen. Auch Burkhard Berndt, Leiter des Bundestagsbüros der Bundestagsabgeordneten Ute Bertram (CDU), betonte, dass Psychotherapie in Zukunft Sprechende Medizin bleiben müsse.

Die Bereitschaft von Patienten, Onlineangebote zu nutzen, sei groß, erklärte Susanne Mauersberg, gesundheitspolitische Referentin bei der Verbraucherzentrale Bundesverband. Es gebe aber auch eine große Angst, bestehende Angebote zu verlieren. Aus Patientensicht seien insbesondere niederschwellige Angebote wichtig, es gebe Patienten, die man nur online erreichen könne. Auch die Rolle von Patienten generell würde sich durch die Digitalisierung verändern. Für Nutzer bestehe aktuell die Möglichkeit, sich mehr zu beteiligen. Wichtig sei daher, sie durch ausreichende Information und Hilfestellung zu ermutigen, sich stärker in ihre Behandlung einzumischen und mehr Selbstbestimmung auch in gesundheitlichen Fragen zu erlangen. Der stellvertretender TK-Vorstandvorsitzende Ballast ergänzte, dass man unterschiedliche Patienten über verschiedene Wege erreichen müsse. Die Teilnehmerzahlen von Onlineangeboten seien aktuell zu klein, um schon Aussagen über Versorgung machen zu können. Die langen Wartezeiten für einen Psychotherapieplatz seien jedoch für die TK Grund genug, ihr Angebot zu erweitern. Zur Frage, wer Onlineangebote nutze, führte Knaevelsrud von der Freien Universität Berlin aus, dass es einerseits ähnliche Nutzer von Internetprogrammen und in unmittelbarer Psychotherapie gebe. Die größte Gruppe seien etwa 40-jährige Frauen mit einem höheren Bildungsniveau. Studienergebnisse zeigten anderseits jedoch auch, dass sich mit Internetprogrammen besondere Zielgruppen erreichen lassen, die bisher kaum Psychotherapie in Anspruch genommen hätten, beispielsweise ältere Menschen mit Kriegstraumata. Auch BPtK-Präsident Munz betonte, dass Psychotherapie in Zukunft diversifiziert werde. Für eine individuelle Indikation, was für welchen Patienten das richtige Angebot sei, seien Psychotherapeuten dabei umso wichtiger. Das Internet ergänze die Arbeit in den Praxen, mache Psychotherapeuten jedoch nicht überflüssig. Das Podium diskutierte auch die Herausforderungen, die durch das hohe Tempo der Digitalisierung entstehen. "Die Digitalisierung fragt nicht mehr, ob wir das wollen", erklärte Dr. Franz Bartmann, Präsident der Ärztekammer Schleswig-Holstein, deswegen sei es wichtig, die Zukunft aktiv mitzugestalten. In diesem Zusammenhang kritisierte die Abgeordnete Klein-Schmeink, dass die Zulassungsverfahren für Medizinprodukte zu langsam seien, notwendig sei ein schnelleres Verfahren. Auch die Abgeordnete Kathrin Vogler bemängelte, dass eine Telematikinfrastruktur nicht schnell genug zur Verfügung stehe. Es brauche aber dringend zeitnahe Lösungen der gesetzlichen Krankenversicherung, sonst würden kommerzielle Dienstleister diese Angebote übernehmen. Auch Ballast betonte, wie wichtig schnelle Lösungen seien. Die niedergelassene Psychotherapeutin Sabine Maur (LPK RLP-Vorstandsmitglied) berichtete, dass insbesondere jugendliche Patienten ein großes Interesse an digitalen Angeboten hätten. Es brauche dringend Lösungen für den Datenschutz, um Internetprogramme in der psychotherapeutischen Praxis nutzen zu können. Maur wünschte sich, dass Psychotherapeuten sich aktiv an der Gestaltung dieses Prozesses beteiligten. [...] Den vollständigen BPtK-Bericht zur Veranstaltung finden Sie hier.

LPK RLP-Vorstandsmitglied Sabine Maur bei der Podiumsdiskussion (Foto: BPtK)

24.07.2017
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