G-BA verzögert vollständige Erfüllung der Mindestpersonalvorgaben in der Psychiatrie um weitere drei Jahre
Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) gibt den psychiatrischen Kliniken weitere drei Jahre Zeit, die Mindestvorgaben der Personalausstattung Psychiatrie und Psychosomatik-Richtlinie (PPP-Richtlinie) vollständig umzusetzen. Bis 2027 reicht es, die Vorgaben weiterhin nur zu 90 Prozent und ab 2028 zu 95 Prozent zu erfüllen. Zudem wurde der Sanktionsfaktor für die Nicht-Erfüllung der Mindestvorgaben um über 60 Prozent abgesenkt.
„Die in der PPP-Richtlinie festgelegten Mindestpersonalvorgaben sind viel zu niedrig angesetzt und völlig ungeeignet, um eine leitliniengerechte Versorgung sicherzustellen“, kritisiert Dr. Andrea Benecke, Präsidentin der Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK) und Vizepräsidentin der Landespsychotherapeutenkammer Rheinland-Pfalz. „Dass selbst die vollständige Umsetzung der PPP-Richtlinie nun um weitere drei Jahre aufgeschoben wird, wird das noch vorhandene Personal weiterhin über seine Belastungsgrenzen hinaus beanspruchen.“
Das über die Untergrenzen hinaus für eine leitliniengerechte Behandlung notwendige Personal soll in den Budgetverhandlungen vor Ort mit den Krankenkassen ausgehandelt werden. „Was fehlt, sind verbindliche Vorgaben dazu, wie viel mehr Personal erforderlich ist, um eine leitliniengerechte Behandlung sicherstellen zu können. Nur mit zusätzlichen Qualitätsvorgaben, deren Unterschreitung nicht sofort zu einem Wegfall des Vergütungsanspruchs führt, kann die Versorgungsqualität in den psychiatrischen Kliniken langfristig verbessert werden. Wir begrüßen deshalb, dass der G-BA die Ergänzung der PPP-Richtlinie um verbindliche Qualitätsvorgaben jetzt ausdrücklich prüfen will“ , so Benecke weiter.
Wie groß die Lücke zu einer leitliniengerechten Versorgung ist, haben die Ergebnisse eines vom Innovationsfonds des G-BA geförderten Projekts zur Personalausstattung für eine leitliniengerechte Versorgung in der Psychiatrie (EPPIK) aufgezeigt, die am 14. März in Berlin vorgestellt wurden. Für eine leitliniengerechte Behandlung von Regelpatient*innen in der Psychiatrie müssten demnach zusätzlich zu den ärztlichen Leistungen Psychotherapeut*innen im Umfang von 250 Minuten pro Patient*in und Woche zur Verfügung stehen. Dies entspricht circa einer Vollzeit-Psychotherapeut*in auf zehn Patient*innen. Zum Vergleich: Bei aktuell rund 50 Minuten, die einer Psychotherapeut*in gemäß PPP-Richtlinie für eine Patient*in wöchentlich zur Verfügung stehen soll, betreut eine Vollzeit Psychotherapeut*in circa 48 Patient*innen. In den Minutenwerten sind neben der Zeit für die Behandlung mit Psychotherapie auch alle weiteren für die Versorgung erforderlichen Aufgaben, wie zum Beispiel Team- und Fallbesprechungen, Dokumentation oder die Organisation der weiteren Behandlung, enthalten.