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Finanzierung der Weiterbildung, Antidiskriminierung, Qualitätssicherung

Die Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK) hat nun einen ausführlichen Bericht zum 44. Deutschen Psychotherapeutentag (DPT) vorgelegt, der am 12. und 13. April 2024 in Würzburg stattfand:

Dr. Andrea Benecke, Präsidentin der BPtK und Vizepräsidentin der Landespsychotherapeutenkammer Rheinland-Pfalz (LPK RLP), erstattete zu Beginn des DPT Bericht über die Tätigkeit des BPtK-Vorstandes. In ihrer Rede forderte Frau Dr. Benecke vom Bundesgesundheitsminister, endlich die Reformvorhaben aus dem Koalitionsvertrag umzusetzen. Ankündigungen und vorläufige Arbeitsentwürfe seien keine Gesetze. Die Bedarfsplanungsreform, der Ausbau von Behandlungskapazitäten in der ambulanten Komplexversorgung, die leitliniengerechte psychotherapeutische Versorgung in Psychiatrien – diese Ziele hätten ihre Gültigkeit nicht verloren, sondern würden dringende Versorgungsprobleme lösen. Dass die Belange psychisch kranker Menschen in den geplanten Versorgungsreformen, wie der Krankenhausreform, der Schaffung von Primärversorgungszentren oder der Einrichtung eines Bundesinstituts für öffentliche Gesundheit, nicht mitgedacht werden, sei keine moderne Gesundheitsversorgung.

Aber auch die Finanzierung der psychotherapeutischen Weiterbildung müsse dringend gesetzlich geregelt werden. Ein breites Bündnis von engagierten Studierenden sowie Vertreter*innen von Ausbildungseinrichtungen, Verbänden und Kammern habe sich seit über einem Jahr gemeinsam gegenüber der Politik für dieses Ziel eingesetzt. Rückendeckung sei auch von der Bundespolitik gekommen: Bundestag und Bundesrat unterstützen die Forderungen nach einer gesetzlich geregelten Finanzierung der psychotherapeutischen Weiterbildung. Nun müsse Bundesminister Lauterbach endlich handeln – und das so schnell wie möglich.

Ein weiterer Schwerpunkt des mündlichen Berichts waren die jüngsten Entscheidungen des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA). Mit der im März beschlossenen Richtlinie über die ambulante Komplexbehandlung bei schwer psychisch erkrankten Kindern und Jugendlichen sei endlich der Startschuss für eine multiprofessionelle Versorgung gegeben worden. Auch die Akteur*innen und Einrichtungen, die SGB-Leistungen jenseits des SGB V anbieten, könnten künftig systematisch über interdisziplinäre Fallbesprechungen eingebunden werden. Der G-BA habe insgesamt aus den Fehlern der Erwachsenen-Richtlinie gelernt und viele Hürden aus dem Weg geräumt, betonte Dr. Andrea Benecke. Ziel müsse es nun sein, dass dies auch noch bei der Erwachsenen-Richtlinie gelinge.

Ein großer Erfolg, der sich schon beim letzten DPT abzeichnete, sei nun endlich in trockenen Tüchern: Die Systemische Therapie ist nun auch bei Kindern und Jugendlichen Bestandteil der vertragspsychotherapeutischen Versorgung. Der G-BA hat die Psychotherapie-Richtlinie entsprechend ergänzt.

Kritisch kommentierte Dr. Andrea Benecke den Beschluss zur Erprobung des QS-Verfahrens für die ambulante Psychotherapie. Das gesetzlich beauftragte QS-Verfahren sei ein Bürokratiemonster ohne Mehrwert für Patient*innen und Psychotherapeut*innen. Auch wenn ein bundesweiter Roll-out des Verfahrens verhindert werden konnte, sei das QS-Verfahren für die Kolleg*innen in Nordrhein-Westfalen (NRW) eine kaum zumutbare Belastung. Die BPtK werde daher im Austausch mit der Psychotherapeutenkammer NRW prüfen, wie die Kolleg*innen in den kommenden sechs Jahren am besten unterstützt werden können.

Bei der stationären Versorgung psychisch kranker Menschen seien keinerlei Fortschritte zu vermelden. Der G-BA habe den Kliniken weitere drei Jahre Zeit gegeben, die ohnehin völlig defizitären Mindestvorgaben vollständig umzusetzen. Eine leitliniengerechte Versorgung könne mit einem solchen Instrument nicht sichergestellt werden. Die BPtK fordere daher, die Personalmindestvorgaben um Qualitätsvorgaben zu ergänzen, damit es für die Verhandlungen vor Ort eine verbindliche Richtschnur gibt, wie viel Personal zur Umsetzung einer leitliniengerechten Versorgung erforderlich ist. Die BPtK-Präsidentin kündigte an, dass sich die BPtK sowohl im G-BA als auch in den kommenden Gesetzgebungsverfahren weiter dafür einsetzen werde.

Eines der Themen des mündlichen Berichts war zudem die Digitalisierung. Die spezifischen Bedürfnisse von Kindern und Jugendlichen müssten bei der Entwicklung digitaler Anwendungen einbezogen werden, betonte Andrea Benecke. Das gelte auch für die elektronische Patientenakte (ePA). Es sei ein Erfolg, dass die gematik sich hier explizit an die BPtK und die psychotherapeutischen Verbände gewandt habe, um in einen konstruktiven Austausch zu treten, welche Spezifika in der Versorgung von Kindern und Jugendlichen und in Bezug auf die Ausgestaltung der ePA berücksichtigt werden müssten. Positiv sei ferner, dass auch auf EU-Ebene die ePA freiwillig bleibe. Die Einführung einer Widerspruchsregelung habe erreicht werden können.

Im Anschluss an den Bericht der BPtK-Präsidentin verabschiedeten die Delegierten des 44. Deutschen Psychotherapeutentages einstimmig Resolutionen, die Bundesminister Lauterbach dazu aufrufen, sich der Versorgungsreformen und der gesetzlichen Regelung der Finanzierung der psychotherapeutischen Weiterbildung anzunehmen. Zu den Resolutionen gelangen Sie hier.

Sabine Maur, BPtK-Vizeprädentin, Präsidentin der LPK RLP und Vorstandsbeauftragte für Antidiskriminierung und Diversität, stellte die Antidiskriminierungsstrategie der BPtK vor. Diskriminierung, Minoritätenstress und Gewalt wirkten sich negativ auf die psychische Gesundheit aus. Gleichzeitig hätten marginalisierte Gruppen einen schlechteren Zugang zu psychotherapeutischer Versorgung. Dabei beziehe sich Diversität nicht nur auf die Gesundheitsversorgung, sondern auch auf die Repräsentanz in der Profession. Der BPtK-Vorstand möchte Defizite und Leerstellen identifizieren und konkrete Maßnahmen zu ihrer Beseitigung entwickeln. Dazu habe der Vorstand eine Abfrage bei den Landeskammern initiiert, die Diversität sowohl auf institutioneller Ebene als auch in der Aus-, Fort- und Weiterbildung sowie in der Gesellschafts- und Gesundheitspolitik berücksichtige, und plane umfangreiche Maßnahmen: Veranstaltungen, Publikationen, Gespräche mit und Stellungnahmen gegenüber der Bundespolitik, wie beispielsweise zum Aktionsplan barrierefreies, inklusives, diverses Gesundheitswesen.

Die Delegierten dankten dem BPtK-Vorstand ausdrücklich für diese Initiative, diskutierten zwei Anträge zur Einsetzung einer Kommission und waren sich darin einig, dass eine Kommission die Arbeit der Vorstandsbeauftragten sinnvoll ergänzen könne. Unterschiedliche Auffassungen gab es dazu, ob sich eine solche Kommission auf die Schwerpunktthemen Rassismus und Antisemitismus beschränken oder weiterer Diskriminierungsformen annehmen solle. Mehrere Delegierte betonten, dass Aspekte der Diskriminierung und diskriminierungssensible Psychotherapie auch in den Aus- und Weiterbildungsinstituten umfassend thematisiert werden müssen.

Wichtig sei, dass sich die Profession deutlich positioniere. Vor diesem Hintergrund sprach sich der 44. DPT in einer Resolution für Menschlichkeit, Toleranz und Vielfalt aus.

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Den vollständigen, ausführlichen Bericht der BPtK zum 44. DPT mit allen Resolutionen und Präsentationen der Referent*innen zum Download finden Sie hier.

Dr. Andrea Benecke (oben) und Sabine Maur (unten) beim 44. DPT; ©BPtK/Foto: Benedikt Knüttel

30.04.2024
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