Erfolgreicher Auftakt der neuen LPK-Veranstaltungsreihe
Unsere Zeit ist geprägt von zahlreichen Krisen, die nicht ohne Auswirkung auf die psychische Gesundheit bleiben. Welche Rolle kommt der Psychotherapie in dieser Situation zu? Soll Sie sich aktiv in gesellschaftliche und politische Problemlagen einbringen? Ist sie womöglich sogar moralisch verpflichtet dazu? Kollidieren diese Bestrebungen mit der berufsrechtlich vorgeschriebenen Abstinenz und dem Neutralitätsgebot? Diese Fragen wurden bei einem Webseminar erörtert, dass die Landespsychotherapeutenkammer Rheinland-Pfalz unter dem Titel "Wie politisch muss Psychotherapie sein, wie politisch darf Psychotherapie sein?" am 16. Februar 2023 durchführte.
Nach der Begrüßung der rund 70 Teilnehmer*innen und der thematischen Einführung durch Kammerpräsidentin Sabine Maur, hielt Prof. Dr. Eva-Lotta Brakemeier [Professorin für Klinische Psychologie und Psychotherapie, Leiterin der Initiative "Gemeinsam für psychische Gesundheit" (GPG), 1. Vizepräsidentin (president-elect) der Deutschen Gesellschaft für Psychologie (DGPs)], einen Kurzvortrag zum Thema "Psychotherapie in Krisenzeiten: (Politische) Verantwortungsübernahme durch Third Mission Projekte?!". Im darauffolgenden Kurzreferat vertrat Lea Dohm [Dipl.-Psych., Psych. Psychotherapeutin, Mit-Initiatorin Psychologists for Future, beschäftigt bei der Dt. Allianz Klimawandel und Gesundheit (KLUG)] die These "Unser Berufsstand muss aktiver werden in Gesellschaft und Politik". Prof. Dr. Martin Stellpflug [Rechtsanwalt, Fachanwalt für Medizinrecht, Professur für Berufsrecht und Ethik an der Psychologischen Hochschule Berlin], sorgte im dritten Vortrag für die rechtliche Rahmung des Themas und referierte zum Thema "Politik in der Psychotherapie: Neutralitätsgebot, Abstinenz, Gewissenskonflikte".
Bei der anschließenden Diskussion wurde deutlich, dass auch neue Formen des Engagements, der Versorgung und der Prävention nötig sind, um bestimmte Zielgruppen besser zu erreichen und gesellschaftlich wirksam zu werden. Auch die fachliche und Wissenschafts-Kommunikation nach Außen wird immer wichtiger und sollte weiter entwickelt werden. Erläutert wurden auch die Grenzen von politischen Äußerungen, z.B. für die Kammern als Körperschaften des öffentlichen Rechts sowie natürlich insbesondere im Binnenverhältnis zwischen Patient*in und Psychotherapeut*in.
Als Fazit der Veranstaltung lässt sich festhalten, dass der Berufsstand der Psychotherapeut*innen seine Expertise im Hinblick auf die psychische Gesundheit in gesellschaftliche Prozesse einbringen darf und muss. Innerhalb einer Psychotherapie gelten Neutralitätspflicht und Abstinenzregel, um die Autonomie und die Werte der Patient*innen zu respektieren. Einem möglichen Therapieabbruch durch die Psychotherapeut*in sind sehr enge Grenzen gesetzt.
Das Online-Seminar war der erste Teil der neuen Veranstaltungsreihe "Berufsethischer Diskurs: Politik, Gesellschaft und Psychotherapie". Die Veranstaltungen bauen nicht aufeinander auf und können auch einzeln besucht werden.
Einen Flyer zur Veranstaltungsreihe mit den weiteren Themen finden Sie hier.