Eindrückliche Bilder: Lebensrealitäten in Flüchtlingslagern – Herausforderungen für die psychotherapeutische Behandlung
Wie sieht der Lebensalltag in den Flüchtlingslagern an den Außengrenzen der Europäischen Union aus? Was erleben die Menschen in diesen Lagern und wie kann man mit diesen Erfahrungen in der psychotherapeutischen Behandlung umgehen? Diesen Fragen widmete sich die Koordinierungsstelle für die interkulturelle Öffnung des Gesundheitssystems in Rheinland-Pfalz in Kooperation mit der Landespsychotherapeutenkammer Rheinland-Pfalz in einer Online-Veranstaltung am 30. September 2021 mit dem Titel „Lebensrealitäten in Flüchtlingslagern – Herausforderungen für die psychotherapeutische Behandlung“.
Die Fotografin und Menschenrechtsaktivistin Alea Horst berichtete anhand zweier Fotoreportagen eindrücklich aus den Flüchtlingslagern in Moria/Griechenland und Bihac/Bosnien, wo sie sich mehrfach aufgehalten hat um das Alltagsleben der Bewohner*innen zu dokumentieren. Ihre Fotos und ihre detaillierten Schilderungen machten die Lebensrealität in den Lagern für die Zuhörer*innen auf eine intensive und bedrückende Art erfahrbar, die weit über die übliche mediale Berichterstattung hinausging. Die Fotos verdeutlichten die extremen Umstände, denen die Familien in Moria und die vorwiegend allein reisenden Männer in Bihac ausgesetzt sind. In der anschließenden Fragerunde, an der Frau Horst von Afghanistan aus teilnahm, zeigten sich die Teilnehmer*innen beeindruckt und bewegt von den Fotografien.
[Den Vortrag von Alea Horst finden Sie HIER]
Welche Auswirkungen die Erlebnisse auf der Flucht auf die Psyche der Menschen haben und was das für den psychotherapeutischen Prozess bedeutet, erläuterte Ulrich Bestle, Psychologischer Psychotherapeut und Mitglied des Vorstands der LPK RLP, im anschließenden Vortrag. Er machte deutlich, dass die Menschen auf ihrer Flucht und in den Lagern dauerhaft multiplen Stressoren ausgesetzt sind und unter anderem durch das Erleben von Lebensgefahr und Todesangst meist mehrfach traumatisiert werden. Besonders die Kinder und Jugendlichen trifft dies in vulnerablen Entwicklungsphasen. Herr Bestle gab einen Überblick über die verschiedenen psychischen Störungsbilder und neurologischen Folgen, die aus diesen Erfahrungen entstehen können und erläuterte die Herausforderungen für die psychotherapeutische Behandlung im Spannungsfeld von Traumatisierung, Sprachbarrieren, Akkulturationsstress und häufig unklarem Aufenthaltsstatus der Geflüchteten.
[Den Vortrag von Ulrich Bestle finden Sie HIER]
Die Veranstaltung konnte den Zuhörer*innen wichtiges Hintergrundwissen für die psychotherapeutische Behandlung von Geflüchteten vermitteln und zeigte Zustände in den Lagern, die für die Betroffenen wohl nur schwer ohne professionelle psychotherapeutische Unterstützung zu verarbeiten sind.