BPtK fordert regionale Verankerung von videogestützten Psychotherapien
Nur wenn videogestützte Psychotherapie regional verankert wird, können Versorgungsgerechtigkeit und Patientensicherheit in der psychotherapeutischen Versorgung sichergestellt werden. Genau das wird durch einen Änderungsantrag zum Entwurf eines Digitalgesetzes (DigiG; BT-Drs. 20/9048; Ausschussdrucksache 20(14)162.1) jetzt gefährdet. Demnach sollen künftig auch psychotherapeutische Sprechstunden und probatorische Sitzungen per Video durchführbar sein. Es wird nur noch die Möglichkeit für den Bewertungsausschuss eingeräumt festzulegen, dass das Erstgespräch im unmittelbaren direkten Kontakt zwischen Psychotherapeut*in und Patient*in durchgeführt werden muss. Mit den geplanten Änderungen sollen Angebotsstrukturen legitimiert werden, in denen die Patient*innen keine Chance haben, ihre behandelnden Psychotherapeut*innen persönlich aufzusuchen, weil nur das Erstgespräch regional stattfindet und dann für die eigentliche Behandlung zu einer anderen Psychotherapeut*in gewechselt wird. Diese eigentliche Behandlung kann in diesen Angeboten nur online stattfinden, ohne dass bei Bedarf und Indikation auch psychotherapeutische Stunden in der Praxis vor Ort durchgeführt werden können.
„Wenn videogestützte Psychotherapien losgelöst von regionalen Strukturen eingesetzt werden, senkt dies Qualitätsstandards in der Versorgung und gefährdet die Patientensicherheit. Patient*innen müssen jederzeit die Praxis ihrer behandelnden Psychotherapeut*in aufsuchen können. Insbesondere auch dann, wenn eine Psychotherapie per Video nicht mehr möglich ist, etwa weil sich der psychische Gesundheitszustand verschlechtert und eine videogestützte Psychotherapie kontraindiziert ist, also die Patientensicherheit gefährden würde“, betont Dr. Andrea Benecke, Präsidentin der Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK) und Vizepräsidentin der Landespsychotherapeutenkammer Rheinland-Pfalz.
Ob in Präsenz oder videogestützt, die Behandlung sollte aus einer Hand gewährleistet sein, um unnötige Therapeutenwechsel zu vermeiden. Dieser Standard in der psychotherapeutischen Versorgung wird durch den vorliegenden Änderungsantrag zum DigiG untergraben. „Wir befürchten, dass deswegen die psychotherapeutischen Strukturen vor Ort nicht bedarfsgerecht weiterentwickelt werden. Damit hängen wir jene Patient*innen ab, für die eine videogestützt Psychotherapie nicht infrage kommt“, so Benecke. Patientengruppen, bei denen eine videogestützte Therapie nicht möglich oder nicht indiziert ist, dürfen beim Zugang zur Psychotherapie nicht benachteiligt werden. Dies kann beispielsweise bei Patient*innen der Fall sein, die nicht über die technischen Ressourcen oder ausreichend großen Wohnraum verfügen, um ungestört an einer videogestützten Psychotherapiesitzung teilzunehmen.
„Die geplanten Änderungen sind unnötig, wenn es darum geht, videogestützte Therapie in der Versorgung zu verankern. Das einzige Ziel dahinter ist, ein neues Geschäftsfeld für Großanbieter im Auftrag einzelner Krankenkassen zu eröffnen, die ihren Versicherten exklusive Zugänge zur psychotherapeutischen Versorgung sichern wollen,“ sagt Benecke.