Wartezeit auf Psychotherapie "unzumutbar lang"
In einem ausführlichen Interview mit der Rhein-Hunsrück-Zeitung hat Peter Andreas Staub, Mitglied des Vorstandes der Landespsychotherapeutenkammer Rheinland-Pfalz und der Kassenärztlichen Vereinigung Rheinland-Pfalz, die Gründe für die langen Wartezeiten auf einen Psychotherapieplatz erläutert. Im Rhein-Hunsrück-Kreis, dem Hauptverbreitungsgebiet der Zeitung, komme auf 5896 Einwohner*innen ein*e Psychotherapeut*in. Wie im übrigen Bundesgebiet gibt es auch hier zu wenig Kassensitze für Psychotherapeut*innen. "Und dann höre ich, ich muss zwei, drei, vier, fünf sechs Monate warten, bis ich einen Therapieplatz bekomme. Das ist eigentlich unzumutbar.", so Herr Staub. "Therapieplätze sind meistens nur über Wartelisten zu bekommen. Und Akutfälle, die wirklich ganz dringend Hilfe brauchen, können nicht adäquat versorgt werden."
Die Ursache für diesen Missstand ist nicht etwa ein Mangel an Psychotherapeut*innen, sondern die vom gemeinsamen Bundesausschuss festgelegte Versorgungszahl, wie Herr Staub im Interview erklärt. "Diese Zahl ist nicht wissenschaftlich ermittelt und spiegelt nicht den wirklichen Bedarf wider, sondern ist eine Festlegung der Krankenkassen, die eine Frage der Finanzierung zum Hintergrund hat: Wie viel Geld kann die Gesellschaft für die Gesundheit ausgeben und wie viel davon ist für die einzelnen Fachgruppen vorhanden?"
Die prekäre Versorgungslage wird durch die steigende Nachfrage nach Psychotherapie verschärft. Diese ist unter anderem begründet durch die Corona-Krise, den Krieg und seine Folgen, zunehmenden Druck in der Gesellschaft sowie den Umstand, dass die Stigmatisierung von psychischen Erkrankungen abgenommen hat. Die Landespsychotherapeutenkammer setzt sich daher ebenso wie die KV RLP und die Berufsverbände für die Schaffung von mehr Psychotherapieplätzen ein. Dies wäre in jeder Hinsicht eine gute Investition: „Es gibt Forschung, die belegt, dass Psychotherapie sehr viel mehr Geld spart, als sie kostet, volks- und gesundheitswirtschaftlich“, betont Herr Staub.
Weitere Themen des Gesprächs waren die Vor- und Nachteile von Video-Therapie und von digitalen Anwendungen zur Behandlung psychischer Probleme.
Das gesamte Interview von Philipp Lauer, das am 11. Januar veröffentlicht wurde, können zahlende Kunden der Rhein-Hunsrück-Zeitung hier lesen.