Psychotherapeutische Versorgung von Geflüchteten: Wichtige Hintergrund-Infos und spannende Fallbeispiele
Der russische Angriff auf die Ukraine hat eine große Fluchtbewegung ausgelöst, auch in Rheinland-Pfalz waren Anfang Mai bereits 21.000 Menschen aus der Ukraine angekommen. Viele von Ihnen leiden unter traumatischen Erfahrungen, die sie im Krieg und auf der Flucht machen mussten. Neben den Flüchtlingen aus der Ukraine beantragen aber auch weiterhin Personen aus anderen Ländern, in denen Krieg, Vertreibung oder lebensgefährliche Umstände herrschen, Asyl in Deutschland. Viele Studien zeigen, dass Geflüchtete mit deutlich höherer Wahrscheinlichkeit an Belastungssymptomen und psychischen Erkrankungen leiden.
Wie werden Geflüchteten hierzulande psychotherapeutisch versorgt? Wie kann man selbst als Psychotherapeut*in in dieser Situation helfen? Zu diesen Fragen veranstalte die Landespsychotherapeutenkammer Rheinland-Pfalz am 3. Mai ein Online-Seminar mit dem Titel "Die psychotherapeutische Versorgung von Geflüchteten in Rheinland-Pfalz - Kann ich auch etwas beitragen?“, zu dem sich rund 60 Teilnehmer*innen angemeldet hatten.
LPK-Vorstandsmitglied Ulrich Bestle, der die Veranstaltung moderierte, gab in seinem einführenden Vortrag einen Überblick über die rechtlichen Rahmenbedingungen und Besonderheiten, die die Behandlung von Geflüchteten im Rahmen des Asylverfahrens mit sich bringt. Die Möglichkeiten für die Integration Geflüchteter in die bestehende psychotherapeutische Regelversorgung wurden genauer erläutert. Dabei wurden auch einige Hürden und Missstände deutlich. Herr Bestle hob hervor, dass die Landespsychotherapeutenkammer Rheinland-Pfalz sich seit 2014 dafür einsetzt, die psychotherapeutische Versorgung von Geflüchteten zu verbessern und zu vereinfachen. Zentrale Forderungen wurden in dem gemeinsam mit einigen Partnern veröffentlichten Positionspapier “Psychiatrisch-psychotherapeutische Versorgung von Geflüchteten und Menschen mit Migrationshintergrund muss ausgebaut werden“ vorgebracht. Dazu gehört unter anderem eine geregelte, transparente und standardisierte Finanzierung des Einsatzes von Sprachmittler*innen auch über das Asylbewerberleistungsgesetz hinaus im SGB V sowie die Etablierung eines klaren, transparenten Antragsverfahrens in der ambulanten psychotherapeutischen Versorgung von Geflüchteten, die Leistungen nach dem AsylbLG beziehen.
Im Anschluss an Herrn Bestles Vortrag stellte Sebastian Sikkes die Arbeit der Psychosozialen Zentren in Rheinland-Pfalz vor. Er selbst ist tätig für die Koordinierungsstelle für die interkulturelle Öffnung des Gesundheitssystems in Rheinland-Pfalz, die angedockt ist an das Psychosoziales Zentrum IN TERRA - für Flüchtlinge in Mayen Andernach und Ahrweiler.
Die Besonderheiten bei der psychotherapeutischen Behandlung von Geflüchteten waren Thema des Vortrages von Petra Mattes. Sie ist Psychologische Psychotherapeutin, angestellt im Psychosozialen Zentrum für Flucht und Trauma Mainz und tätig in eigener Praxis. Sie konnte auf Basis eines reichen Erfahrungsschatzes und anhand vieler Fallbeispiele erläutern, welche Herausforderungen die Psychotherapie mit Geflüchteten mit sich bringt und bot den Teilnehmer*innen neben wertvollem Hintergrundwissen auch eine Literaturliste mit nützlichem weiterführenden Material.
Insgesamt war es eine gelungene Veranstaltung, die hoffentlich vielen Teilnehmer*innen gezeigt hat, wie wichtig der Einsatz ihrer beruflichen Fähigkeiten für eine adäquate psychotherapeutischen Versorgung von Geflüchteten ist.