Depressive Menschen lange ohne Behandlung
Rund 20 Monate dauert es im Schnitt, bevor sich Menschen mit einer depressiven Erkrankung Hilfe suchen. Das hat eine repräsentative Befragung der Stiftung Deutsche Depressionshilfe und Suizidprävention ergeben. In der mittlerweile sechsten Erhebung des Deutschland-Barometer Depression wurden über 5.000 Erwachsene zu ihren Einstellungen und Erfahrungen zur Depression befragt.
In der Hälfte der Fälle war die Hausärzt*in die erste Anlaufstelle der Patient*innen. Jede Vierte* suchte direkt eine Fachärzt*in auf. Rund jede fünfte Befragte* mit diagnostizierter Depression wandte sich unmittelbar an eine Psychotherapeut*in. Nur sehr wenige (0,3 Prozent) nahmen mit den Termin-Servicestellen der Kassenärztlichen Vereinigung Kontakt auf – in zwei von drei Fällen wurde vom Patientenservice dann auch eine Therapie vermittelt.
Es gab große Unterschiede, wie lange depressive Menschen ohne Behandlung und auf sich allein gestellt waren. Ein Drittel der Befragten mit diagnostizierter Depression kümmerte sich sofort um Hilfe. Zwei Drittel gaben allerdings an, dass es sehr lange gedauert habe – im Schnitt rund 30 Monate. Befragte berichteten von wochenlangen Wartezeiten auf eine Behandlung. Auf die Behandlung bei einer Fachärzt*in warteten sie rund acht Wochen, auf die Behandlung bei einer Psychotherapeut*in zehn Wochen. Im Durchschnitt hätten sie fünf Therapeut*innen kontaktieren müssen, um einen Behandlungsplatz zu finden. Die Hälfte der Befragten berichtete, dass sie Kompromisse machen musste, um überhaupt einen Therapieplatz zu bekommen.
„Auch die neue Nationale Versorgungsleitlinie Depression betont, dass Psychotherapie eine der Grundsäulen bei der Behandlung von Depressionen ist. Dass 85 Prozent der befragten Patient*innen mit Depression Psychotherapie als hilfreich oder eher hilfreich empfinden, zeigt nur, wie wichtig die psychotherapeutische Behandlung für die Betroffenen ist“, so Dr. Dietrich Munz, Präsident der Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK). „Dass mitunter Jahre vergehen, bevor Betroffene wirksame Hilfe erhalten, ist erschreckend und inakzeptabel.“
Link:
Stiftung Deutsche Depressionshilfe – Deutschland-Barometer Depression